Soziale Netzwerke haben unser gesellschaftliches Leben stark verändert. Sie sind nicht mehr nur ein Mittel zur privaten Kommunikation, sondern besitzen mittlerweile auch eine enorme Macht, um Dinge zu bewegen.
Facebook, Twitter, Google+ und andere Netzwerke im Internet verfügen heute über mehrere Millionen Mitglieder und sind längst über ihre ursprüngliche Rolle als reines Kommunikationsmittel im Freundeskreis hinausgewachsen. Sie sind heute zudem ein wichtiges Instrument zum Aufzeigen von Missständen und eine sehr wirkungsvolle Möglichkeit, um Informationen und Aufrufe innerhalb kürzester Zeit zu verbreiten. Doch woher kommt diese Macht und welche Auswirkungen hat sie auf unsere Gesellschaft?
Soziale Medien als Massenmedium
Noch vor einigen Jahren hielten die klassischen Medien wie Fernsehen, Radiosender und Presse das alleinige Monopol für öffentliche Meinungsbildung und Berichterstattung. Das Aufkommen des Internets sorgte hier für eine gewisse Auflockerung. Nun konnten sich auch Privatpersonen völlig problemlos einem potenziellen und globalen Milliardenpublikum mitteilen. Allerdings fehlte zu diesem Zeitpunkt noch die zentrale Plattform. Schliesslich war das Internet in den Anfangszeiten zu sehr in einzelne, voneinander unabhängige Seiten, Foren und Portale zersplittert, um sein Potenzial als Massenmedium wirkungsvoll ausspielen zu können.
Erst mit den sozialen Netzwerken wurde deutlich, welche Möglichkeiten in der virtuellen Vernetzung der Welt stecken. Beliebige Inhalte werden nun mit den Nutzern im privaten Freundeskreis geteilt und jeder Empfänger kann diese dann wiederum weiter verbreiten. Es entsteht ein Schneeballeffekt, durch den Nachrichten, Bilder und Videos innerhalb von wenigen Stunden rund um die Welt gehen können. Aufgrund der Verbreitung von Smartphones und Tablets wurde diese Entwicklung noch verstärkt. Denn somit sind heute die sozialen Medien jederzeit und überall erreichbar – ein gewaltiger Vorteil gegenüber den klassischen Medien.
Der Arabische Frühling und die Rolle der sozialen Medien
Welche enormen gesellschaftlichen Auswirkungen die sozialen Netzwerke auf die Gesellschaft haben können, zeigen die Geschehnisse des Arabischen Frühlings. Die Proteste in mehreren arabischen Ländern, die schliesslich zu Revolutionen sowie dem Sturz jahrzehntelang etablierter Diktaturen in einigen dieser Nationen führten, fanden in Netzwerken wie Facebook erst die Möglichkeit zur schnellen und flächendeckenden Verbreitung.
Vor allem bei den Protesten in Ägypten spielten die sozialen Netzwerke eine grosse Rolle: Frustriert von Korruption und Unterdrückung der freien Meinungsäusserung, gründete eine Gruppe ägyptischer Studenten die Facebook-Gruppe “Jugendbewegung des 6. April”. Dort wurden unter anderem Augenzeugenberichte von Fällen polizeilicher Gewalt zusammengetragen, die in den zensierten Staatsmedien verschwiegen wurden. Als die Gruppe im Januar 2011 zum “Tag des Zorns”, einer Demonstration gegen die Regierung, aufrief, erreichte dieser Appell binnen weniger Stunden Millionen Ägypter. Es folgten wochenlange Proteste und Unruhen, die Machthaber Husni Mubarak nach 20 Jahren der Herrschaft über Ägypten letztendlich zum Rücktritt zwangen.
Die Wechselwirkung zwischen traditionellen und sozialen Medien
Die sozialen Netzwerke haben sich in den letzten Jahren als eigenständiges Medium etabliert und beeinflussen auch die herkömmlichen Medien. Ein Thema, das in den sozialen Medien zum Trend wird, gewinnt auch die Aufmerksamkeit von Nachrichtensendern und Zeitungen, die den Verbreitungseffekt ihrerseits verstärken. Mag20 geht sogar noch einen Schritt weiter: Hier sind die Empfehlungen eines Beitrages über Facebook, Twitter und Google+ sogar ausschlaggebend, ob der Text in der nächsten Ausgabe gedruckt wird oder nicht. Somit wird dieses Magazin nur mit besonders populären Inhalten gefüllt, welche die Leser interessieren und die deshalb in sozialen Medien verbreitet werden.
In totalitären Staaten mit starker Medienzensur entwickeln sich soziale Netzwerke immer mehr zu einer wirkungsvollen Alternative zu den Staatsmedien. Fernsehsendungen und Zeitungen können zensiert werden – Internetsperren lassen sich dagegen relativ leicht umgehen. Als der syrische Diktator Baschar al-Assad ausländischen Journalisten im Jahre 2012 den Zugang zum Land verwehrte, um Berichterstattungen über Militäreinsätze gegen die eigene Bevölkerung zu unterbinden, nutzten Augenzeugen die sozialen Medien, um Fotos und Videos der Geschehnisse zu verbreiten. Dadurch wurde den westlichen Medien die Berichterstattung überhaupt erst ermöglicht.
Die Bedeutung der solidarischen Macht
Die Möglichkeit zur grenzenlosen Vernetzung von Menschen hat eine neue, fast schon unkontrollierbare Macht erschaffen. Meinungsäusserungen oder auch das Aufzeigen von Missständen können nicht mehr zensiert werden. Die Macht entsteht aufgrund der Solidarität und dem Zusammenhalt zwischen den Menschen. Mitleid oder Empörung bewegt die Mitglieder der sozialen Netzwerke zur Weiterverbreitung von erhaltenen Informationen. Auch ein Aufruf zur Unterstützung bei Ungerechtigkeit kann eine Solidaritätsbewegung zwischen Wildfremden auslösen, die ohne eine entsprechende virtuelle Vernetzung nicht vorstellbar wäre.
Die sozialen Netzwerke sind in der heutigen Zeit also ein nicht zu unterschätzendes Kommunikationselement, das die Macht besitzt, kleine und grosse Dinge auf der ganzen Welt zu bewegen.